Wir sind doch alle Berufsjugendliche!

Seit nunmehr 23 Jahren, also eigentlich mein halbes Leben, arbeite ich für und in der österreichischen Musikbranche und freu mich noch immer jeden Tag ins Büro zu gehen, um neue Musik aus Österreich zu hören und mit ihr vielleicht auch ein wenig Geld zu verdienen.

Wir sind doch alle Berufsjugendliche!

Seit nunmehr 23 Jahren, also eigentlich mein halbes Leben, arbeite ich für und in der österreichischen Musikbranche und freu mich noch immer jeden Tag ins Büro zu gehen, um neue Musik aus Österreich zu hören und mit ihr vielleicht auch ein wenig Geld zu verdienen. Meine KünstlerInnen könnten fast alle auch meine Kinder sein und deshalb empfinde ich manchmal väterliche Gefühle, wenn ich mit jungen KünstlerInnen über den Start oder die Entwicklung ihrer Karriere spreche.

Wesentlich anders geht es mir da, wenn ich in einem der vielen Live Clubs stehe und mir die jungen Bands anhöre. Da fühl ich mich eher steinalt, denn dort hebe ich das Durchschnittsalter erheblich. Als Trost sag ich dann immer zu mir: "Du bist halt ein Berufsjugendlicher!". Aber gerade diese Situation ist halt verführerisch und beängstigend zugleich. Denn es stellt sich halt unweigerlich immer öfter die Frage: Werde ich bis zu meiner Pension in den schmuddeligen Clubs herumhängen oder werde ich doch noch als ordentlicher Professor an das Popmusik Institut der Musikuniversität gerufen?

Aber dann passieren halt immer wieder so tolle Dinge wie letzten Sonntag: Ich besuche das Wiener Orpheum, um mir " 5 Jahre AcousticClub" anzusehen und erhalte dort eine echte Leistungsschau der Wiener/ Österreichischen Musikszene präsentiert. Da finden sich junge Bands, die sich gerade vor einem Jahr formiert haben, genauso, wie Singer-Song-Writer, die alleine auf der Bühne sitzen und von ihren Ängsten und Lieben singen. Ich war ganz weg, welche musikalischen Rohdiamanten da in Österreich heranreifen. Denn da entwickelte sich ganz still und heimlich über 42 Veranstaltungen ein Club, der zum Jahresfest das Lokal füllt. Beeindruckend und bedrückend zugleich, denn keiner der hinlänglich bekannten Journalisten, geschweige denn ein A&R der österreichischen Musikindustrie, war hier zu finden. Trotzdem waren 10 KünstlerInnen am Werk, die jede/jeder vom Fleck weg engagiert werden sollten. Organisiert und konzipiert ist das ganze von Susanne Lachnit und Ali Föger - zwei "Berufsjugendlichen".

In gleicher Art und Weise formiert sich seit drei Jahren die "Vienna Songwriting Association". Auch hier wird konsequent gearbeitet, am Rande der Selbstausbeutung, dafür aber mit umso mehr Enthusiasmus. „Blue Bird 2007“ fand gerade statt und zeigt beeindruckend, welches Potential, dieses Genre in Österreich und sonst noch auf der Welt hat. Auch hier war ein „Berufsjugendlicher“ federführend: Klaus Totzler. Wenn ich so nachdenke, dann könnte ich jetzt die Liste der sog. „Berufsjugendlichen“ sicherlich noch ewig lang weiterführen und das stimmt mich sehr nachdenklich! Sollte hier ein Grund für unsere Misere der Musikindustrie stecken? Gefallen uns „Berufsjugendlichen“, halt Led Zeppelin oder ABBA noch immer besser als so mancher jugendlicher „Abklatsch“? Ist deswegen Online-Marketing noch in den Kinderschuhen und verwenden wir deshalb noch immer nicht das Handy als Meinungsforschungsinstrument? Wissen Medien und deren Vertreter, natürlich auch „Berufsjugendliche“, was die Kids dieser Tage wirklich sehen und hören wollen? Tja, es fehlt frisches Blut in unseren Reihen. Und deshalb finde ich es gut, dass noch so ein „Berufsjugendlicher“, wie Prof. Harald Huber von seinen ÖMR Mitgliedern fordert, je ein neues Mitglied zu werben und ich werde den Antrag stellen, dass sie UNTER 35 Jahre sein müssen! Somit ist auch die Altersgrenze der „Berufsjugendlichen“ von mir definiert worden.

In diesem Sinne, Frohe Weihnachten!