Bereits drei Acts haben Amadeus-Nominierung zurückgelegt

Die Gründe von HVOB, Naked Lunch und Monobrother sich von der Nominierten-Liste für den hiesigen Musik-Award "Amadeus" streichen zu lassen, sind verschiedene. Verdrusserscheinungen über den Status, den Popmusikschaffende in Österreich zu haben scheinen, zeigen sie allesamt.

Den ersten Schritt machte das österreichische Elektronik-Duo Her Voice Over Boys. In einem auf Facebook veröffentlichten Brief an die Veranstalter war der Hauptkritikpunkt, dass der Amadeus-Medienpartner KRONEHIT die Abstimmungsmodalitäten für "plumpste Marketingbedürfnisset" und weiters "für das Abgreifen von Email-Adressen jener Leute, die unsere Musik so sehr mögen, dass sie für uns voten möchten, (...) missbraucht". Dieser Umstand wurde mittlerweile immerhin geändert. Weiter prangerten HVOB KRONEHITs "an österreichischer Musik aufreizend desinteressiertes Programm" an.

Bei der Kärntner Band Naked Lunch verursachte der Umstand in der Kategorie Rock/Hard & Heavy nominiert zu sein, noch Amüsement. Dass im Band-Profil auf der Amadeus-Homepage mehrere Recherchefehler zu finden waren und der Bandname falsch geschrieben war, führte allerdings zu diesem schlecht gelaunten Kommentar.

Schließlich veröffentlichte der Wiener Rapper Monobrother anlässlich seiner Amadeus-Nominierung - bzw. seiner Ablehnung ebendieser - ein sprachgewitztes Statement, in dem der Umgang mit österreichischen Musikschaffenden von Seiten einerseits der Industrie, vor allem aber der hiesigen Medien scharf kritisiert wird. "Für diese Versäumnisse und Fehltritte kann der Veranstalter selbst natürlich rein gar nichts. Trotzdem betrachtet er sich offenbar als integraler Bestandteil und Repräsentant dieser ruinösen Branche, die seit etlichen Jahren fahrlässig mit österreichischen Musikschaffenden umspringt. Mich dieser Preisverleihung zu „stellen“, würde demnach ein generelles Einverständnis mit den aktuellen Verhältnissen – den gefräßigen Taktiken und Praktiken dieser destruktiven und ignoranten Musikmarkt-Maschinerie – signalisieren, was ich nicht mit mir vereinbaren kann... solange keine angemessene Infrastruktur geschaffen wird und solange musikalische Reichweite in Österreich so eng mit Entwürdigung verknüpft ist, werde ich keine diesbezügliche Nominierung annehmen. "

Vielleicht sollte man an diesem Punkt erwähnen, dass der Gewinn des Amadeus-Awards sich kaum in höheren Verkaufszahlen oder vermehrtem Airplay auswirkt und ein Verzicht darauf möglicherweise in Sachen Publicity wirksamer ist. Darauf ziehlt auch dieses ironische Facebook-Posting der Metal-Band Chaos Beyond ab, hinter dem man auf den ersten Blick eine weitere Absage vermuten könnte. Chaos Beyond zeigen sich zwar auch über die Auswahl der Mitnominierten amüsiert, verkünden allerdings dann doch feierlich die Nicht-Rücknahme der Nominierung und spielen auf PR-Mechanismen an.

Der Hinweis auf diesen Beitrag zur Diskussion soll aber weder den Musikern von HVOB, Naked Lunch oder Monobrother Kalkül unterstellen, noch ihre Motive in Abrede stellen. Seien jetzt Uneinverständnis mit den Medienpartnern und deren Vorgehen, Verärgerung über scheinbare Ignoranz oder Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation der eigentliche Grund für den Rückzug - aus den Verzichtserklärungen der drei Acts kann man Unmut über die Umstände ablesen, unter denen in Österreich Popmusik geschaffen werden muss und das ist ernst zu nehmen.

P.S.: mittlerweile gibt es ein Statement des Amadeus-Veranstalters zu den Absagen:

"Der Amadeus ist work in progress. Deshalb haben wir ihn vor fünf Jahren komplett umgekrempelt, haben seitdem einen klaren Fokus auf Musik aus Österreich und statt der Charts-Platzierung entscheiden branchenweite Fachjurys über die Nominierten in den einzelnen Genre-Kategorien. Diese Entwicklung wurde sehr positiv aufgenommen, hat vielen KünstlerInnen, die bis dahin nur in eher kleineren Zirkeln bekannt waren, eine neue Plattform geboten und in den vergangenen 5 Jahren mit rund 50 Awards ausgezeichnet. Heute wird dieses System aber wieder kritisch hinterfragt. Grund genug für uns, ein neues Kapitel in der Weiterentwicklung des Amadeus aufzuschlagen und dabei alle Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge zu sammeln und zu berücksichtigen. Selbstverständlich bedeutet das auch, den Kreis der Mitdenker und Mitkonzipierer für die zukünftigen Amadeus-Awards um Protagonisten aus der Alternative und Independent Szene zu erweitern und diese zur aktiven Mitarbeit einzuladen.

Klar bringt die große Zahl der involvierten KünstlerInnen, Labels und Medienpartner aus unterschiedlichsten Genrebereichen hohes Konfliktpotenzial mit sich. Und wir müssen auch akzeptieren, dass einzelne KünstlerInnen ihre Nominierung aus unterschiedlichen Gründen zurückziehen. Dass aber der Amadeus die gesamte österreichische Musikbranche mit all ihrer Vielfalt und all ihren Reibungspunkten an einem Abend im Jahr versammeln will - diesen Anspruch wollen und werden wir nicht aufgeben!"