Ausstellung zum Monatsthema "Kritik der Entwicklungszusammenarbeit" im Aktionsradius Wien, Gaußplatz 11
Wann: 26. Jänner (Eröffnung um 19h30) – 28. Februar 2016
"Die Ausstellung im Aktionsradius am Gaußplatz zeigt vom 26. Jänner bis
28. Februar eine Auswahl von künstlerischen Positionen und
Videoarbeiten, die im Kunsthaus Deutschvilla in Strobl zu sehen und zu
hören waren. Der konkrete Ansatz von Kulturbegegnung auf Augenhöhe
eröffnet und begleitet den Diskurs zum Februar-Schwerpunktthema im
Aktionsradius, der sich kritisch mit gängigen Konzepten und Praktiken
der 'Entwicklungshilfe' auseinandersetzt."
> Einführung
durch Peter Kuthan, ARGE Zimbabwe Freundschaft
> Recalling
Siachilaba - Ausschnitte aus Videoarbeiten von
Marcus Diess, Jürgen Koppmann, Michael Pilz, Thomas
Schneider, Stadtwerkstatt, Sunnseitn u.a.
> Gespräch mit
beteiligten KünstlerInnen und MusikerInnen, moderiert von
Anna Soucek / ORF Ö1
> Siachilaba
Rewind – musikalische Reflexionen mit den Windhund Melissa Coleman, Otto Lechner und Karl Ritter, sowie mit Peter Androsch und
Franz Hautzinger; dazu liest Anne Bennent Texte von
Chirikure Chirikure, Dambudzo Marechera und Yvonne Vera.
„Caught up in the ruthless march of progress, the Tonga have
had
to leave their homes..“
(Balneaves, High Commissioner for
Rhodesia
and Nyasaland, 1958).
Der Bau des Kariba Staudamms Ende der 50er Jahre schuf nicht nur den damals größten Stausee der Welt, sondern vertrieb auch 57 000 Tonga aus dem Flusstal des Zambezi. Ganz im Geist der zivilisatorischen Entwicklungsmission der europäischen Siedler ging es bei der Zähmung des Stromes nicht nur um ein Projekt zur Energiegewinnung für die städtischen Zentren und deren Industrialisierung, sondern auch um die Festigung der weißen Vorherrschaft. Letzteres scheiterte wenige Jahre später am Befreiungskampf der Völker im Südlichen Afrika.
Obwohl das Kapitel Kariba für den damaligen Geldgeber Weltbank abgeschlossen ist, warten die Tonga noch immer auf die versprochene Elektrifizierung ihrer Dörfer. Eher Opfer als Nutznießer des Fortschritts haben sie sich damit aber keineswegs abgefunden, sondern fordern – auch von den heutigen Regierungen – beharrlich ihren Anteil, sowie gleiche Rechte und Respekt als ethnische Bevölkerungsminderheit. Obwohl sie also – quasi als invisibles - keinen Platz hatten im europäisch geprägten Narrativ von Fortschritt und Entwicklung, meisterten sie ihre prekären Lebensumstände immer schon mit großem Selbstbewusstsein und unter Betonung ihrer kulturellen Eigenart.
Mit der Formel One man – one note hat der zimbabwesche Komponist Keith Goddard das komplexe Zusammenspiel von einfachen und doch so vielschichtigen Tönen der einzigartigen Tongamusik mit einer Anspielung auf das allgemeine Wahlrecht auf den Punkt gebracht. Mit demselben Titel hat vom 12. Juni bis 19. Juli 2015 eine Ausstellung im Kunsthaus Deutschvilla in Strobl am Wolfgangsee die Wechselwirkungen aus 20 Jahren Kulturaustausch zwischen Österreich und den Tonga in Zimbabwe und Zambia beleuchtet. Der Zusatz Recalling Siachilaba bezog sich dabei auf das Dorf Siachilaba als Ausgangspunkt und Ort zahlreicher interkultureller Begegnungen. Die Ausstellung im Kunsthaus Deutschvilla wurde kuratiert von Fina Esslinger und Peter Kuthan.
Durch diese künstlerische Auseinandersetzung wurde immer wieder Aufmerksamkeit für die prekäre Lage des Tonga Volkes geschaffen, ohne die harschen Lebensbedingungen oder das dörfliche Leben exotisch zu idealisieren. So wurde 2014 mit den Tales of Resilience der Linzer KünstlerInnen von Time's Up dem starken Selbstbehauptungswillen der Tonga Frauen nachgeforscht. „Tales of Resilience" (ToR) spürt individuellen, oftmals ungehörten Geschichten und Anekdoten von Menschen nach, die sich zwischen Kulturen und Kontinenten bewegen. Menschen die unterwegs sind zwischen ihren jeweiligen Herkunftsregionen, ihren Traditionen, ihren Riten und jenen einer anderen Welt. ToR dokumentiert und verbreitet ihre Erfahrungen, ihre Erlebnisse und Wahrnehmungen. ToR archiviert was diese Menschen zurücklassen, was sie mitnehmen, was sie sammeln und was sie verlieren auf ihren Wegen.“ (http://timesup.org/ToR)
Diese Erzählungen werden nun auch im Aktionsradius mittels eines multimedialen Interface weiter vermittelt. Damit verbunden sind solidarische Anstrengungen um die auf beide Seiten des Stausees auseinander gerissenen Gemeinden in ihrer Kommunikation und Selbstdarstellung zu unterstützen. Das gelang im eigenen Land, über den Stausee bzw. die Grenze hinweg und auch international, u.a. mit dem Projekt Tonga.Online, das den Einsatz von Computern an Schulen fördert oder mit Tonga.OnAir, der Einrichtung einer Radiostation. „..this is our chance to use this media to take back the narrative and to diversify it." (posting auf der website www.mulonga.net)
In diesem Kulturaustausch wird auch nach kreativen Antworten auf die aktuellen Herausforderungen für das Zusammenleben im Globalen Dorf gesucht: es geht um mehr Respekt für die tragenden Kräfte und Beziehungen im Sozialsystem; nicht die fremdenfeindliche Abschottung oder das neoliberale Mantra der Beschwörung der „Marktkräfte“ soll dafür maßgeblich sein, sondern die Anerkennung und Förderung von kultureller Vielfalt und des fundamentalen Rechts auf menschenwürdige Existenz und Selbstbestimmung.
(Die Ausstellung im Aktionsradius am Gaußplatz zeigt vom 26. Jänner bis 28. Februar eine Auswahl von künstlerischen Positionen und Videoarbeiten, die im Kunsthaus Deutschvilla in Strobl zu sehen und zu hören waren. Der konkrete Ansatz von Kulturbegegnung auf Augenhöhe eröffnet und begleitet den Diskurs zum Februar-Schwerpunktthema im Aktionsradius, der sich kritisch mit gängigen Konzepten und Praktiken der 'Entwicklungshilfe' auseinandersetzt.)
Eine Ausstellung mit Beiträgen von: Elisabeth Altenburg, Peter Androsch, Sabine Bitter/Helmut Weber, Calvin Dondo + Annie Mpalume + Siachilaba women photographers, Mario Friedwagner, Patrick Mweemba, Time's Up, u.a.
Der
Eintritt ist frei, es werden Spenden für das Fotostudio
der Frauen von Siachilaba / Zimbabwe und das Tonga
Community Radio Zongwe FM in Sinazongwe / Zambia
gesammelt.
Eine Veranstaltung in Kooperation von
Aktionsradius Wien, ARGE Zimbabwe Freundschaft und SADOCC
- Southern Africa Documentation and Co-operation Centre